6. Juli 2009

Kurdische MigrantInnen in der BRD

Volkstanzgruppe Koma Gula Sor (Gruppe Rote Rose)

Obwohl seit über 40 Jahren Kurdinnen und Kurden in der BRD leben, werden diese doch immer noch nicht als eine eigenständige Bevölkerung anerkannt.
Gerade ein Vergleich mit Schweden zeigt diese Ignorierung der KurdInnen in der BRD sehr deutlich. In Schweden werden den KurdInnen alle Rechte zugestanden, welche auch Angehörige anderer ausländischer Bevölkerungsgruppen erhalten.In der Bundesrepublik Deutschland wird die Anwesenheit von Kurdinnen erst Mitte der 60-er Jahre dieses Jahrhunderts bedeutend- nach dem bilateralen Abkommen zwischen der Türkei und der BRD über die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte. Heute geht man von weit über 900.000 KurdInnen in der BRD aus. Da die KurdInnen nicht als solche erfaßt werden, sondern stets entsprechend ihrer Staatszugehörigkeit statistisch angeführt werden, sind keine genauen Zahlenangaben möglich.

Mittlerweile haben sich viele der MigrantInnen, die ursprünglich nur für ein paar Jahre in die BRD gekommen waren, mit ihren Familien relativ fest hier niedergelassen.
Nach Schätzungen sind unter den 900.000 KurdInnen in der BRD ca. zehn Prozent aus anderen Staaten als der Türkei, also aus Iran, Irak oder Syrien.

Obwohl seit über 40 Jahren Kurdinnen und Kurden in der BRD leben, werden diese doch immer noch nicht als eine eigenständige Bevölkerung anerkannt. Gerade ein Vergleich mit Schweden zeigt diese Ignorierung der KurdInnen in der BRD sehr deutlich. In Schweden werden den KurdInnen alle Rechte zugestanden, welche auch Angehörige anderer ausländischer Bevölkerungsgruppen erhalten.

Dagegen werden in der Bundesrepublik Deutschland die KurdInnen nach der amtlichen Version ihrer jeweiligen Staatszugehörigkeit entsprechend behandelt. Dies hat natürlich vielfältige Auswirkungen auf das Leben von KurdInnen in der BRD.

In Schweden gilt kurdisch als anerkannte Muttersprache, obwohl die KurdInnen dort nur eine ganz kleine Bevölkerungsgruppe bilden. Dort gibt es zum Beispiel regelmäßige Nachrichtensendungen in kurdischer Sprache. So wird ihnen die unmittelbare Anteilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Da ihnen ihr kulturelles Selbstwertgefühl nicht genommen wird, nehmen die KurdInnen auch viel aktiver am täglichen Leben der schwedischen Gesellschaft teil und eine starke Ghettobildung wird verhindert.

In der BRD sind für sie dagegen diese Möglichkeiten nicht gegeben. Dadurch sind KurdInnen in der BRD in einer ausländischen Ghettobildung zu einer weiteren „inneren Ghettobildung (Doppeltes Ghetto)“ gezwungen. Selbst in einer Gemeinschaft türkischer Staatsangehöriger kommen sich viele KurdInnen aufgrund ihrer spezifischen kulturellen und sittlichen Hintergründe davon ausgeschlossen vor. Dies betrifft am härtesten die Frauen, die wesentlich seltener als die Männer die türkische Sprache beherrschen. Und selbst wenn sie die türkische Sprache sprechen können, sind kurdische Frauen gegenüber türkischen Männern aufgrund ihrer Erfahrungen meist sehr eingeschüchtert und verunsichert.

Beispiele für die Nichtanerkennung des kurdischen Volkes

Bis auf wenige Ausnahmen stehen den KurdInnen im Medienbereich keine Möglichkeiten zur Verfügung. Durch die Zuordnung der KurdInnen zu den TürkInnen gibt es auch für die kurdischen Kinder keinen Ergänzungsunterricht in ihrer Muttersprache.

In Schweden wird dagegen unterschieden zwischen Amtssprache und der Muttersprache. Den AusländerInnen ist es dadurch möglich, zwischen der Amtssprache und der Muttersprache ihrer Heimatregion zu wählen. Diesem Beispiel könnte nach meiner Überzeugung auch die BRD folgen. Nicht zuletzt deshalb, weil gerade die türkischen Schulbücher ungeheuer rassistisch sind.

Dort werden die Kinder in einer sehr engstirnigen nationalistischen Form gedrillt. Es ist eine Zumutung, daß ein kurdisches Kind in der Schule täglich Sprüche wie, „Ich bin stolz ein Türke zu sein“, aussprechen muß.

Die kurdischen Kinder wachsen dadurch in einer mehrfach gespaltenen Identität auf: innerhalb der bundesdeutschen Gesellschaft sind sie zuhause KurdInnen und in der Schule TürkInnen. Bei dieser Vielfalt von Konflikten und Widersprüchen haben die kurdischen Kinder mit enormen Identitäts- und Orientierungsproblemen zu kämpfen. Diese Konflikte treten besonders krass in der dritten Generation der kurdischen MigrantInnen auf und verstärken so noch zusätzlich die ohnehin sehr starken Generationskonflikte innerhalb der kurdischen MigrantInnenfamilien.

In der BRD gibt es offiziell keine eigenen Beratungsstellen für KurdInnen. Alle behördlichen Informationsbroschüren sind, wenn überhaupt, lediglich in türkischer Sprache erhältlich. Auch hier geht Schweden einen vorbildlichen, anderen Weg.
Die Nichtanerkennung der kurdischen Sprache hat auch verheerende Auswirkungen für das Selbstwertgefühl und die soziale Anerkennung von kurdischen MigrantInnen. Dies führt langfristig auch zu einem großen Verlust der kurdischen Sprache und Kultur.

Die wenigen positiven Bemühungen in der Bundesrepublik Deutschland bleiben alle inoffiziell und auf verbandlicher Ebene und sind zudem auf das freiwillige Engagement einzelner Personen angewiesen.

Anregungen und Forderungen:

1. Die Anerkennung der kurdischen Bevölkerung als eigenständige Minorität mit eigener Muttersprache als Gleichstellung gegenüber anderen nichtdeutschen MigrantInnengruppen.

2. Einführung eines muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts in kurdischer Sprache für die kurdischen Schulkinder (Speziell in Bayern ist dies zumindest in Augsburg für die aramäischen Kinder bereits möglich und sollte daher ensprechend für die kurdischen realisiert werden können).

3. Bereitstellung von sozialen Beratungsstellen mit kurdischem Fachpersonal für die spezifischen Probleme der KurdInnen.

4. Mindestens ein-, zweimal wöchentlich müßten zumindest im Rundfunk Nachrichten in kurdischer Sprache gesendet werden.

5. Einrichtung und Förderung von wissenschaftlichen Forschungen der kurdischen Sprache und Geschichte.

6. Eine angemessene Förderung kurdischer Selbsthilfegruppen, da bisher Hilfestellungen speziell für KurdInnen nur durch Selbsthilfegruppen gegeben werden.

Frage: Wäre es bei Einführung eines muttersprachlichen Unterrichts überhaupt möglich, eine einheitliche kurdische Sprache zu verwenden angesichts der unterschiedlichen Herkunftsregionen der KurdInnen?

Es ist möglich, die Schriftsprache als übergeordnete Vermittlungssprache im Unterricht für die drei Hauptdialekte einzuführen./va

INFO ÜBER KURDISTAN UND KURDEN:
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